St. Peter und die Tiara: ein einzigartiger Brauch

Ein seltenes Spektakel in Münchens berühmter Kirche
Wer dieser Tage der ältesten Pfarrkirche Münchens, St. Peter direkt neben dem Marienplatz, einen Besuch abstattet, erlebt dort etwas ganz Besonderes: Die Petrus-Figur, 1492 vom Bildhauer Erasmus Grasser geschaffen, sitzt barhäuptig ohne die gewohnte goldene Krone im Hochaltar. Petrus zur Seite stehen die vier von Egid Quirin Asam geschaffenen Kirchenväter.
Am 27. April wurde der Figur des Kirchenpatrons Petrus im Rahmen einer feierlichen Zeremonie die Tiara abgenommen.
Dies ist der Brauch, wenn ein Papst stirbt, und er erstreckt sich über die Zeit der Sedisvakanz - also solange der päpstliche Stuhl unbesetzt ist. Petrus bleibt nun ohne Krone auf dem Haupt, bis am Petersplatz in Rom der weiße Rauch aufsteigt zum Zeichen, dass die Kardinäle in Rom einen Nachfolger für Papst Franziskus gewählt haben. Dann wird es wieder heißen: „Habemus Papam!“
Ursprünglich hatte Erasmus Grasser die Petrus-Figur ohne Tiara erschaffen. Diese wurde ihm erst im Jahr 1733 aufgesetzt, um die Universalmacht des Papstes zu demonstrieren, der damals nicht nur als "Stellvertreter Christi auf Erden", sondern auch als "Vater der Fürsten und Könige" und als "Lenker der Welt" angesehen wurde.
Der Papst in Rom trägt schon länger keine Tiara mehr - Paul VI. war der letzte Papst, der mit ihr 1963 gekrönt wurde. Ein Jahr später legte er sie ab und schenkte die Papstkrone den amerikanischen Katholiken als Dank für ihre Spenden für die Armen der Welt. Seitdem wird die Tiara in der Washingtoner Kathedrale „National Shrine“ aufbewahrt.
Somit ist das Münchner Ritual, die Bekrönung der Figur eines Kirchenoberhaupts mit der Tiara, ein wirklich einzigartiges Spektakel.
Fotos: Thomas Paulick